Spannungsqualität messen und bewerten – aber wie?

Aufbauend auf unserem letzten Newsletter wollen wir hier das Thema „Messen und Bewerten der Netzqualität“ genauer betrachten. Wo, wie und mit welchem Messgerät muss gemessen werden, um eine der Norm entsprechende und vor allem aussagekräftige Bewertung meiner Netzqualität zu erhalten?

 

Eine hohe Qualität der Spannung sorgt für Betriebssicherheit. Denn gerade moderne Produktionsprozesse mit ihren leistungselektronischen Antrieben und Steuerungen sind auf eine hohe Qualität der Spannungsversorgung angewiesen. Diese Anlagen ermöglichen erhebliche Energieeinsparungen, optimieren Prozesse und steigern die Produktivität. Jedoch sind es genau diese Energieabnehmer, die die Spannungsqualität aufgrund ihrer Lastcharakteristik verschlechtern.

 

Normierte Energie

Bevor wir uns dem Thema „Netzqualität messen“ in der Praxis annehmen, springen wir zuerst zu den Grundlagen und betrachten die Normierung der Netzqualität.

In Deutschland begleitet uns tagtäglich – ohne dass wir es noch registrieren – eine Norm: die DIN-Norm. Diese erleichtert uns das Bewerten und Vergleichen von Produkten und hat in Deutschland Gültigkeit. Ein Beispiel: Wenn Sie DIN A4 Papier kaufen, dann brauchen Sie die Abmessungen nicht nachmessen – diese sind in der Norm festgelegt. So erleichtert uns diese Norm auch in vielen anderen Bereichen das Leben.

Mit dem Einkauf von elektrischer Energie ist dies nicht anders. Der Unterschied liegt lediglich darin, dass die Netzqualität für unsere Energie schon seit Jahren europaweit genormt ist. Hier gibt es die EN 50160 –eine Europäische Norm, die auch in Deutschland gültig ist. In dieser ist festgelegt, welche Qualität die Spannung haben muss, die uns am Anschlusspunkt zum öfentlichen Stromnetz zur Verfügung gestellt wird. Diese Norm wird herangezogen, wenn die Versorgungsqualität des Netzbetreibers beurteilt werden soll.

Eine weitere wichtige Europäische Norm ist die EN 61000-2-2, die ebenfalls am Netz-Anschlusspunkt anzuwenden ist und vom VDE in dessen Vorschriftenwerk als „0839 Teil 2-2“ übernommen wurde. Diese ist durch ihren erweiterten Messumfang präziser für die Bewertung der Netzqualität. Für Messungen und Bewertungen im eigenen Stromnetz verwendet man die EN 61000-2-4.

Übrigens, was einerseits für die Netzqualität gilt ist im Umkehrschluss auch für Anlagen und Maschinen mit CE-Kennzeichnung relevant: diese müssen ohne Störungen funktionieren, wenn die Netzspannung die EN 50160 Norm einhält. So kann man bei auftretenden Störungen mit Hilfe einer Netzqualitätsmessung einfach herausfnden, ob die Ursache am Energienetz oder an dem Verbraucher liegt.

 

Messung der Netzqualität

Es gibt zwei Fragen, die vor einer Messung der Netzqualität beantwortet werden müssen:

  1. An welchem Punkt in meinem Stromnetz soll gemessen werden?
  2. Mit welchem Messgerät soll gemessen werden?

 

Die Antwort auf die Frage nach dem Einbauort der Messung hängt von der Aufgabenstellung ab. Soll die Spannungsqualität des Netzbetreibers bewertet werden, dann muss das Messgerät am Übergabepunkt, also dem Zähler des Energieversorgers (Messpunkt 1), eingebaut werden. Bei einer allgemeinen Netzqualitätsmessung empfehlen wir als Messpunkt die NSHV am Hauptschalter zu wählen (Messpunkt 2). Bei Störungen an Anlagen sollte die Messung möglichst in der Nähe des gestörten Bereiches (Messpunkt 3) erfolgen.

Die Frage des Messgerätes ist relativ einfach zu beantworten:
Um eine Norm-Beurteilung der Netzqualität zu erhalten muss mit einem Messgerät gemessen werden, das nach „Klasse A“ zertifziert ist. Klasse A-Messgeräte müssen unabhängig vom Hersteller am gleichen Messpunkt bei gleicher Messdauer dieselben Ergebnisse liefern. KBR hat zertifzierte Klasse A-Messgeräte sowohl
in mobiler als auch zum Festeinbau im Programm.

Um eine allgemeine Beurteilung der Netzqualität zu erhalten, müssen nicht zwangsläufg die hochwertigen und daher teuren Klasse A-Messgeräte eingesetzt werden. Gerade bei Festeinbau-Messgeräten kann mit günstigeren, jedoch hochwertigen „Standard-Messgeräten“ die Netzqualität ebenfalls gut beurteilt werden. Dafür bietet sich die Messgeräteserie multimess-F96 von KBR an, die durch PQ-Funktionalitäten wie Balkendiagramm, Zeigerdiagramm und Oszilloskop erweitert wurden.

 

Sind alle Klasse A-Messgeräte gleich gut?

Im vorherigen Abschnitt haben wir berichtet, dass Klasse A-Messgeräte von verschiedenen Herstellern die gleichen Messwerte liefern müssen. Das gilt jedoch nur für Messwerte, die für die Norm herangezogen werden.

Einen erheblichen und nicht vernachlässigbaren Unterschied gibt es im Frequenzbereich, der gemessen wird. In der Regel messen diese Messgeräte bis zur 50. (2,5 kHz), teilweise sogar bis zur 63. (3,15 kHz) Harmonischen.

Hat ein Messgerät während einer Messung keine für die Netzqualität relevanten Pegel in seinem Frequenz-Messbereich erfasst, könnte das zu einem Trugschluss führen: „Es gibt kein Störpotential in dem Stromnetz“. Allerdings liegen die Taktfrequenzen von z.B. Wechsel- oder FreFrequenzumrichtern
in einem höheren Frequenzbereich, der von Klasse A-Messgeräten in der Regel nicht gemessen werden. Daher werden eventuelle Rückwirkungen in die Spannung, die eine reduzierte Betriebssicherheit bedeuten, durch diese Messgeräte nicht erfasst.

Hier haben die Festeinbau-Messgeräte multimess D9-PQ und multimess F144-PQ von KBR einen deutlichen Vorteil: Diese können Frequenzen bis 9 kHz messen. Dadurch wird ein mögliches Störpotential im höheren Frequenzbereich ebenfalls erkannt, bevor es zu Störungen an Anlagen kommt. Ein großer Vorteil von Festeinbau-Messgeräte liegt darin, dass kontinuierlich gemessen und dokumentiert wird. Das Bedeutet, dass auch temporär auftretende Störungen in der Spannung zuverlässig erkannt und ausgewertet werden können.

 

Auswerten und Interpretieren der Messdaten

Ein Messgerät der Klasse A liefert für die Beurteilung der Netzqualität eine Vielzahl von Messwerten. Nun gilt es, diese bewerten zu können.

Für die erste Standard-Beurteilung der Netzqualität liefert die für KBR PQ-Messgeräte kostenfrei mitgelieferte Software fertige Berichte nach EN 50160 Norm. Sind die Messgeräte zusätzlich im Energiedatenmanagement visual energy von KBR eingebunden, werden hier automatisch Norm-Berichte wöchentlich erstellt und gespeichert. Zusätzlich können diese automatisch per E-Mail versendet werden. Mit diesen Berichten kann auf einen Blick beurteilt werden, ob alle für die Norm relevanten Werte unter den Grenzwerten liegen.

Sind jedoch einzelne Grenzwerte überschritten worden, ist ein tieferes Wissen im Bereich der Power Quality unabkömmlich. Hier hat KBR eine Abteilung mit Power-Quality-Sachkundigen der VDE, die eine kompetente Bewertung der Messdaten vornehmen und professionelle Fachberichte erstellen sowie Lösungen erarbeiten können.

 

Fazit

Die Messung der Netzqualität ist heutzutage eine Standardmessung – ob stationär oder mobil. Es empfehlt sich Messgeräte einzusetzen, die ein größeres Frequenzband messen können. Damit ist sichergestellt, dass auch Störpegel von Frequenz- und Wechselrichtern sowie von elektronischen Netzteilen erfasst werden.

Automatisch und regelmäßig erstellte Berichte erleichtern eine erste Beurteilung nach Norm. Treten jedoch Störungen im Stromnetz auf, muss ein Power-Quality-Sachkundiger mit hinzugenommen werden. Diese Experten haben die Ausbildung und die Erfahrung, welche Maßnahmen die Ursache der Netzprobleme beheben können. Gerne beraten wir Sie rund um Ihre Netzqualität. KBR, der Partner in Sachen Netzqualität.